Behandlungsfehler und deren Ursachen
Immer wieder stellen sich Kunden in meiner Praxis vor mit einer "Vorgeschichte", die mir im wahrsten Sinne des Wortes die Haare zu Berge stehen lässt.
- Kunden, die erfolglos behandelt wurden, z. B.
- monatliche Behandlungen im Gesicht über 10 Jahre
- über 100 Stunden Behandlung der Achselhaare
- über 200 Stunden Behandlung eines männlichen Bartwuchses
- Kunden mit sichtbaren Hautschäden, als Folge einer Überbehandlung oder jahrelanger Unterbehandlungen
- Kunden, die in meiner Praxis weiterbehandelt werden wollen und ihre „eigene Epilationsnadel“ mitbringen, weil sie diese in der vorherigen Praxis gekauft haben.
Und das sind nur drei exemplarische Fälle mit denen ich fast wöchentlich konfrontiert werde. Aber wer trägt hier eigentlich die Schuld? Gut, über Hygiene gibt es nichts zu diskutieren. Aber Behandlungsfehler sind in den meisten Fällen eine Folge unzureichender Schulungen, die wiederum eine Folge nicht vorhandener gesetzlicher Mindestanforderungen sind. Den Letzten beißen die Hunde. In diesen Fällen die Kunden, die viel Geld und Zeit verschwendet haben.
Die Situation in Deutschland
Eine Ausbildung im klassischen Sinn gibt es nicht! Von 3-stündigen bis 4-tägigen Schulungen ist alles möglich. Die meisten Schulungsanbieter vertreiben gleichzeitig Geräte. Kosmetische oder medizinische Vorkenntnisse erwünscht, aber nicht zwingend erforderlich. Wer also Spaß an der Arbeit an Menschen hat, kann ganz einfach eine Schulung besuchen, erhält ein Zertifikat und kauft ein Epilationsgerät. Und los gehts!
Es liegt auf der Hand, dass in der kurzen Zeit keine ausreichenden Kenntnisse in Theorie und Praxis vermittelt werden können. Das heißt, nach der Schulung fängt das Lernen und Üben erst an. Das braucht Geschick und Fingerspitzengefühl, vor allem aber jede Menge Ehrgeiz und Zeit. Die einen mehr, die anderen weniger. Doch ohne Epilationsgerät kann niemand üben! Die Schulung kostet Geld, das Gerät auch. Manch einer hat noch ein Tagesgeschäft zu bewältigen oder einen Job, da bleibt oft nicht viel Zeit zum Üben. Hinzu kommt, dass die getätigte Investition häufig schnell wieder erwirtschaftet werden muss. Und so wird oft mit unzureichenden Kenntnissen am zahlenden Kunden geübt.
In der täglichen Praxis arbeiten alle für sich, es ist niemand da, um eine falsche Insertion, eine Unter- oder Überbehandlung zu korrigieren. Auch wer sein Bestes gibt, stößt sehr schnell an die eigenen Grenzen. Es gibt keine deutschsprachige Fachliteratur, die Weiterbildungsmöglichkeiten sind dürftig und natürlich kostet alles auch wieder Geld. Und so häufen sich die Fragen und die Probleme. Nicht wenige Geräte werden nach 2-3 Jahren wieder verkauft oder landen im Schrank und werden nur noch hervorgeholt im einzelne Haare zu entfernen.
Werfen wir einen Blick über den großen Teich
In den USA sind – abhängig vom jeweiligen Bundesstaat – für die staatliche Zulassung als Elektrologist zwischen 320 Stunden (Florida) und 1100 Stunden (New Hampshire) Unterricht in Theorie und Praxis an einer zugelassenen Schule erforderlich (siehe: Electrology Licensing Requirements). Zusätzlich wird in manchen Staaten der Nachweis der staatlichen Zulassungsprüfung der IBEC = International Board of Electrologist Certification vorausgesetzt. Elektrologisten in den USA haben also nicht nur viel Zeit zum Üben während der Ausbildung, sondern genießen auch den Schutz einer staatlichen Zulassung.
Qualitätsstandards für Elektrologisten in Deutschland?
Die Rahmenbedingungen ermöglichen, dass es eben keine Qualitätsstandards gibt.
- Keine gesetzlichen Anforderungen an Schulungsanbieter.
- Kein Rahmenlehrplan über Schulungsinhalte und Dauer.
- Keine vereinheitlichte Abschlussprüfung.
- Keine Anerkennung für Elektrologisten.
Das bedeutet aber auch: Nichts, woran sich Elektrologisten orientieren können. Keine Rechtssicherheit für Elektrologisten. Jeder tut, was er kann oder auch nicht. Über diesen Missstand hilft auch die NiSV nicht drüber hinweg. Aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Dieser Zustand hat uns dazu veranlasst "Standards für Behandlungszeiten mit der Elektroepilation" zu veröffentlichen. Mit der Schaffung der Standards wollen wir nicht nur die Wertigkeit der Elektroepilation verbessern, sondern stellen auch Richtwerte zur Orientierung bereit. Damit haben wir einen wichtigen Schritt zur Qualitätssicherung gemacht.
Wie kann ich eine gute Elektrologistin finden?
Nutzen Sie den virtuellen ersten Eindruck!
Inzwischen hat fast jede Praxis eine eigene Homepage mit Informationen und Bildern oder auch einen kurzen Imagefilm. Auch Social Media ist häufig Bestandteil der Außendarstellung. Vergleichen Sie, was Sie sehen.
- Ein breit gefächertes Behandlungsangebot lässt nicht unbedingt auf eine Spezialisierung schließen. Aber gerade eine gute und erfolgversprechende Elektro-Epilation erfordert ein Mindestmaß an Routine.
- Die Informationen über die Elektro-Epilation sollten mehr enthalten, als nur den kargen Hinweis, dass diese Haarentfernungsmethode angeboten wird!
- Auch wenn die Elektroepilation seit vielen Jahren angeboten wird, ist das nicht gleichbedeutend mit Erfahrung und Qualität. Man kann auch viele Jahre falsch arbeiten.
- Ein Imagefilm sollte einen Gesamteindruck der Praxis, der Elektrologistin und der Behandlung vermitteln. Es sei denn, Sie suchen ein Lehrvideo!
- Lesen Sie sorgfältig die Empfehlungen und Rezensionen anderer Kunden.
Wie kann ich vor Ort die Qualität der Behandlung einschätzen?
Der Beratungstermin
- Dieser Termin sollte so ausführlich sein, dass sie sich am Ende gut aufgeklärt fühlen.
- Die Technik sollte erklärt werden.
- Risiken und Nebenwirkungen müssen besprochen werden.
- Eine eingehende Anamnese befasst sich auch mit den möglichen Ursachen einer Überbehaarung und der Vorgeschichte bisheriger Haarentfernungsmethoden.
- Medikamente und Krankheiten müssen auf Kontraindikationen überprüft werden.
- Was ist vor und nach der Behandlung zu beachten?
- Eine Testbehandlung gehört selbstverständlich zu einem Beratungstermin dazu.
Fragen Sie nach der zu erwarteten Gesamtdauer der Behandlung und Referenzen. Zugegebenermaßen sind Fragen zum zeitlichen Aufwand nicht immer einfach zu beantworten und speziell bei größeren Flächen u.a. abhängig vom gewünschten Ergebnis. Lassen Sie sich Vorher-Nachher-Bilder zeigen und fragen Sie nach der dafür benötigten Behandlungsdauer. Bereits nach einem Jahr regelmäßiger praktischer Arbeit sollten Elektrologisten sichtbare Ergebnisse vorlegen können. Fragen Sie danach!
Hier geht es zu Behandlungsbeispielen aus meiner Praxis.
Die Testbehandlung
- Im Idealfall dauert eine Testbehandlung 10 bis 15 Minuten.
- Lassen Sie die Testbehandlung an einer Stelle mit möglichst jungfräulicher Behaarung durchführen.
- Die Haut wird vor Behandlungsbeginn desinfiziert und es wird eine sterile Epilationsnadel verwendet.
- Die Epilationsnadel gleitet mühelos und ohne zu stechen in den Haarfollikel.
- Die Behandlung wird gleichmäßig und routiniert durchgeführt.
- Die gelösten Haare werden widerstandslos entnommen und niemals gezupft!
Wenn die Haare auf dem behandelten Areal mind. 4 Monate vor der Testbehandlung nicht mehr entfernt oder gekürzt wurden, können Sie den Erfolg der Elektroepilation sehr gut selbst beobachten. Im Idealfall sind 3-4 Monate nach der Testbehandlung nur noch ca. 50% der ursprünglichen Haardichte vorhanden. Nehmen Sie sich die Zeit, um später Zeit und Geld zu sparen. Lesen Sie dazu: Optimale Vorbereitung für die Elektroepilation.
Die Epilationsnadel
Epilationsnadeln sind Einwegprodukte und dürfen nicht wiederverwendet werden. Das bedeutet, die Nadeln müssen nach jeder Behandlung entsorgt werden. Und zwar in einem verschließbaren Behältnis für kontaminierten Abfall. Fragen Sie nach, ob bei jeder Behandlung eine neue Nadel verwendet wird. Die Kosten einer immer neuen Nadel sollten im Behandlungspreis enthalten sein.
Das Epilationsgerät
Nicht das Gerät epiliert, sondern der bzw. die Elektrologist/in. Die schmerzlose Elektroepilation ist nur ein Marketingversprechen. Um dieser Aussage zu entsprechen, werden oft Unterbehandlungen durchgeführt, was dazu führt, dass die Haare immer und immer wieder nachwachsen. Auch vorprogrammierte Einstellungen sind de facto niemals für jede Behaarungssituation und jeden Hautzustand passend. Gute Elektrologisten kennen und beherrschen ihr Gerät in- und auswendig und können so aus ihrem Gerät das Beste raus holen. Das bedeutet, das Epilationsgerät ist für die Qualität der Behandlung sekundär. Mein Fokus beim Gerätekauf liegt auf zuverlässiger Technik und einer flexiblen Bedienung.
Schulungszertifikate und Verbandszugehörigkeit
Schulungs- und Mitgliedszertifikate sind kein Qualitätskriterium. Sie bestätigen nur, dass eine Schulung besucht wurde und/oder eine Verbandsmitgliedschaft besteht. Beides sagt jedoch faktisch nichts über die fachlichen Kenntnisse und die Qualität der Behandlung aus.
Die Praxis
Nicht die exklusivste Ausstattung macht einen guten Elektrologisten aus, aber Sauberkeit und Hygiene sind obligatorisch.
- Wird der Liegenbezug nach jedem Kunden gewechselt?
- Sieht der Behandlungsplatz sauber und aufgeräumt aus?
- Oder liegen noch Haare von vorhergehenden Kunden auf der Liege?
Das Sonderangebot
Sie sollten Ihre Entscheidung für eine Elektroepilatiosbehandlung immer aus Überzeugung treffen. Wenn Sie rundum ein gutes Bauchgefühl haben, spricht nichts dagegen im Anschluss an den Beratungstermin einen Behandlungstermin zu vereinbaren. Sollten Sie sich jedoch unsicher fühlen, gibt es keinen Grund sich jetzt und sofort zu entscheiden, auch wenn ein mögliches Angebot lockt. Angebote gibt es immer wieder!
Das Vertrauen
Fühlen Sie sich gut aufgehoben? Die Chemie zwischen Ihnen und dem Elektrologist sollte stimmen. Sie vertrauen Ihre Haut einer zunächst völlig fremden Person an. Gegenseitiges Vertrauen ist eine nicht unwesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung. Es ist wichtig auch über unangenehme Dinge sprechen zu können, Bedenken äußern zu können. Die meisten Fragen klären sich sehr schnell, wenn man sie anspricht und zwar in beide Richtungen.
Unentschlossen?
Investieren Sie die Zeit für ein weiteres Beratungsgespräch in einer anderen Praxis. Auch wenn dies oft eine längere Anfahrt bedeutet, unterm Strich zahlt es sich immer aus.
Lassen Sie sich Behandlungsbeispiele und Behandlungszeiten zeigen. Bei der Testbehandlung darf die Insertion nicht spürbar sein und das Haar muss sich vollständig und widerstandslos entnehmen lassen. Lesen Sie auch meinen ausführlichen Artikel Behandlungsfehler und deren Ursachen.
Alle drei Methoden der Elektroepilation sind gleichermaßen effektiv.
Die Methoden unterscheiden sich lediglich in ihrer physikalischen Wirkung. Bei der Elektrolyse entsteht Natronlauge im Haarfollikel, bei der Thermolyse findet eine thermische Schädigung der haarbildenden Zellen im Follikel statt. Die Blend Methode kombiniert Elektrolyse und Thermolyse. Letztlich führen alle zum definitiv haarfreien Ziel, vorausgesetzt die Behandlung wird fachgerecht durchgeführt.
Ja. Wird der Haarfollikel fachgerecht mit der Elektroepilation behandelt, kann aus diesem lebenslang kein Haar mehr wachsen, auch hormonell bedingt nicht.
Hormonelle Veränderungen wirken häufig auf die Androgenrezeptoren im Haarfollikel. Das führt dazu, dass Haarfollikel stimuliert werden und sich Vellushaare zu Terminalhaaren verändern. Der Prozess verläuft in der Regel schubweise. Bei einem vorliegenden Hirsutismus aufgrund hormoneller Veränderungen ist deshalb nicht auszuschließen, dass sich im späteren Verlauf bis dahin unauffällige Vellushaare zu Terminalhaaren entwickeln. Aus diesem Grund kann ein erneuter Behandlungsbedarf nötig werden, doch meist erst viele Jahre später.
· Wird die Elektroepilation fach- und sachkundig durchgeführt, sind bleibende Hautschäden so gut wie ausgeschlossen. In den meisten Fällen entstehen Narben durch unsachgemäße Nachbehandlung. Aus diesem Grund lege ich großen Wert auf eine umfassende mündliche und schriftliche Information zur notwendigen Pflege nach der Behandlung.