Hypertrichose nach Laser- und Lichtepilation
In einigen Fällen kommt es nach einer Laser- oder Lichtepilation zu einer extrem unerfreulichen Nebenwirkung, der sogenannten paradoxen Hypertrichose (verstärkter Haarwuchs).
In den vergangenen 20 Jahren haben sich immer wieder Kunden und Kundinnen in meiner Praxis vorgestellt, bei denen sich nach einer Haarentfernung mit Laser, IPL oder anderen lichtbasierten Epilationsgeräten der Haarwuchs an den behandelten Arealen verstärkt hat. Auch in Kollegenkreisen wird dieses Phänomen häufiger diskutiert. Dabei fallen immer wieder Gemeinsamkeiten bei den Betroffenen auf, z. B. die Haut- und Haarfarbe. Deshalb habe ich im Internet nach Fakten gesucht, die unsere Beobachtungen stützen oder zu anderen Erkenntnissen über diese Nebenwirkung führen.
Bei meinen Recherchen bin ich auf ein paar sehr interessante Informationen gestoßen. Tatsächlich handelt es sich weder um eine neue oder unbekannte Erscheinung.
So wurde z. B. bereits in 2005 in der Zeitschrift "JOURNAL OF THE AMERICAN ACADEMY OF DERMATOLOGY" veröffentlicht, dass es in einer dermatologischen Klinik in Vancouver zu einem vermehrten Haarwuchs nach der Lasertherapie an den behandelten Körperstellen kam. Insgesamt wurden 489 Frauen wegen übermäßigem Haarwuchs mit einem Alexandrit-Laser behandelt. Bei drei der 489 Frauen (0,6%) führte die Behandlung zu einer paradoxen Hypertrichose. Ein Zusammenhang mit anderen Faktoren wie Medikamente, Geschlecht, Vorbehandlung konnte allerdings nicht festgestellt werden.
Schon damals wurde der paradoxe Effekt häufiger bei Frauen mit dunklem Hauttyp und dunklen Körperhaaren beobachtet. Es wurde vermutet, dass das Wachstum der Haare, angeregt durch die Laserbehandlung, synchronisiert wird. Laut der Veröffentlichung in der Fachzeitschrift für Allgemeinmedizin und innere Medizin "PraxisDepesche" wird das Risiko für paradox vermehrten Haarwuchs nach einer Lasertherapie in verschiedenen Studien zwischen 0,01% und 1,9% angegeben, mit dem Hinweis, dass Patienten vor der Behandlung auf das Risiko hingewiesen werden sollten.(1)
Die Fachzeitschrift "Gynäkologie" benennt in der Ausgabe 3/2011 sogenannte Tiefenenergie-Blitzlampen (Heimgeräte) zur vorübergehenden Wachstumshemmung, beschreibt bei diesen Geräten jedoch die Gefahr einer paradoxen Hypertrichose durch Stimulation von Haarwachstum durch Entzündung bei ausbleibender Follikelzerstörung.(2)
In 2012 wurde beim "Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" eine Ausarbeitung mehrerer Dermatologen eingereicht mit dem Arbeitstitel "Behandlungsfehler durch medizinische Laien". Darin wird unter anderem paradoxer Haarwuchs als eine von mehreren typischen Nebenwirkungen beschrieben mit dem Hinweis, dass dies besonders bei der Verwendung der IPL-Technologie der Fall ist.(3)
Auch in der Ausgabe 05/13 der "Haut" kann man nachlesen, dass das Licht der IPL-Geräte aufgrund des breiteren Spektrums weniger selektiv wirkt und Blasenbildung, Verbrennungsnarben sowie paradoxe Hypertrichosen als ungewollte Nebeneffekte auftreten können.(4)
Daraus resultierend scheint es unerheblich, ob die Haarentfernung von medizinischen Fachpersonal mit einem Laser, in einem Kosmetikstudio mit einem IPL oder anderen lichtbasierten Gerät oder von Laienanwendern mit einem Heimgerät durchgeführt wird. Die Annahme ist berechtigt, dass sowohl der Laser als auch die Photoepilation zur Haarentfernung das Risiko von verstärktem Haarwuchs als Folge der Behandlung in sich bergen und zwar anwenderunabhängig.
Die Ursachen der paradoxen Hypertrichose werden unterschiedlich beschrieben, von zu niedrigen Einstellungen, über „lichtsensitive“ und „lichtresistente“ Anagen-Subphasen, bis zur Haut- und Haarfarbe.
Auf einer Schweizer Internetseite habe ich den Hinweis gefunden, dass zu niedrig dosierte Laserepilationen im unglücklichsten Fall einen sogenannten paradoxen Haarwuchs auslösen können. Als Begründung wird angegeben, dass das Haarwachstum durch den Hitzeeinfluss der Behandlungsgeräte gefördert wird.(5)
Dr. I. Kruglikov befasst sich in seiner Abhandlung "Kontroversen in der Ästhetischen Medizin" u. a. mit der Entwicklung einer stärkeren Hypertrichose nach Photoepilation. Nach seinen Ausführungen könnten die Veränderungen der Verteilung von „lichtsensitiven“ und „lichtresistenten“ Anagen-Subphasen der Haare mitverantwortlich für paradoxale Effekte sein.(6)
Die Deutsche Apotheker Zeitung warnt 2018, dass bei Frauen aus dem Mittelmeerraum und dem mittleren Osten die Fotoepilation mit Vorsicht angewendet werden sollte, da eine paradoxe Hypertrichose auftreten kann. Die Elektroepilation sei für diese Patientinnen besser geeignet.(7)
Fazit: Trotzdem das Phänomen schon sehr lange bekannt ist, findet man nur wenige Informationen. Interessant wären neuere Zahlen zum Risiko, denn ich schätze die zahlenmäßige Entwicklung der Betroffenen höher ein. Der Zusammenhang mit dem dunklen und olivfarbenen Hauttyp scheint zuverlässig. Alle Betroffenen, die sich in den vergangenen 20 Jahren in meiner Praxis vorgestellt haben, gehörten diesen Hauttypen an. Das deckt sich auch mit den Beobachtungen meiner Kollegen. In all diesen Fällen konnte nur noch die Elektroepilation zum haarfreien Ergebnis verhelfen.
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Quellen:
1 https://www.praxis-depesche.de/nachrichten/hypertrichose-nach-laser-epilation/
2 https://www.rosenfluh.ch/media/gynaekologie/2011/03/androgenisierungserscheinungen.pdf
3 https://www.laserklinik.de/wp-content/uploads/2018/10/2013-JDDG-Laienfehler-D.pdf
4 https://www.der-niedergelassene-arzt.de/fileadmin/user_upload/zeitschriften/haut/Artikel-pdfs/2013/2013_5/HAUT_5-13_CME_Kopera.pdf
5 https://laser-arzt.ch/bart-bei-frauen
6 https://www.kosmetischemedizin-online.de/originalie/kontroversen-in-der-asthetischen-medizin-2-simplex-sigillum-veri-der-photoepilation/
7 https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2018/daz-21-2018/fehl-am-platz